07.09.2021 ● Theresa Paape
Der Ruaßhammerhof: vom Hofladen zum Lieferservice
Wie kann man neue Konzepte in der Landwirtschaft entwickeln und etablieren?
Junglandwirtin Fee Schröder hat uns in einem Gespräch den Ruaßhammerhof vorgestellt und spricht über den Verkauf und Vertrieb der eigenen Produkte. Welche Wege sie dafür zu den Kunden zurücklegt und was ihr an ihrem Beruf am meisten Spaß macht, erfährst du in unserem Beitrag!
Hallo Fee! Stell dich und den Betrieb doch bitte einmal vor.
Mein Name ist Fee, ich bin 31 Jahre alt, habe Landwirtschaft studiert und arbeite auf dem landwirtschaftlichen Betrieb meiner Schwiegereltern in spe. Der Ruaßhammerhof ist ein klassischer Acker- und Gemüsebaubetrieb mit etwas Grünland in Ismaning bei München. Viehhaltung haben wir keine.
Auf den Äckern wachsen: verschiedene Kartoffelsorten, Weizen, Gerste, Roggen, Mais und verschiedenes Gemüse wie Kraut, Zucchini und Kürbisse. Das Heu, das die Wiesen liefern, wurde seit Aufgabe der Rinderhaltung Anfang der 2000er Jahre überwiegend als Pferdeheu verkauft. Da wir in der Nähe von München leben und bei der Stadtbevölkerung die Haltung von Kaninchen und Meerschweinchen zunimmt, habe ich einen Onlineshop gegründet, wo ich das Heu und Stroh in kleine Packungen verpackt anbiete und versende.
Für jeden Landwirt ist nicht nur der Anbau, sondern auch der Verkauf wichtig. Was verkauft ihr und über welche Kanäle findet der Verkauf statt?
Der Absatz unserer Produkte findet über verschiedene Kanäle statt: Klassisch über das Lagerhaus, Getreide geht teilweise direkt zur Mühle und kommt als Mehl abgepackt zu uns zurück. Kartoffeln vom Ruaßhammerhof werden auch für die Stärkefabrik und für die Pommes frites-Produktion angebaut.
Seit 2017 bieten wir unser Hofladensortiment auch über unseren Lieferservice an und seit 2019 gibt es unseren Selbstbedienungshofladen in Ismaning.
Warum habt ihr einen Onlineshop für Heu und Stroh für Kaninchen und Meerschweinchen?
Als ich Mitte der 2000er meine ersten Meerschweinchen hielt, wohnte ich noch in München und war darauf angewiesen das Heu und Stroh für meine Lieblinge im Supermarkt oder gelegentlich in Zoofachgeschäften zu kaufen. Damals kam mir bereits der Gedanke, wie praktisch es doch wäre, wenn man Heu und Stroh einfach direkt beim Bauern kaufen könnte. In München wohnend und aufgrund meines Alters, ich war ja noch nicht volljährig und konnte somit noch nicht Auto fahren, konnte ich auch nicht einfach aufs Land fahren und Heu kaufen.
So dachte ich: Wie praktisch wäre es doch, wenn man Heu und Stroh direkt bei einem Bauern im Internet bestellen und sich schicken lassen könnte? Nur damals kannte ich noch niemanden, mit dem ich das Projekt hätte starten können.
Nach studienbedingter Kleintierpause haben mein Freund und ich 2018 unsere ersten gemeinsamen Kaninchen bekommen, die natürlich ausschließlich mit Heu und Stroh vom Hof ernährt wurden. So kamen die Idee, Heu und Stroh in kleinen Tüten im Hofladen anzubieten, und der Traum vom Onlineshop wieder auf.
Wann und wie kam euch die Idee, einen eigenen Lieferservice im Großraum München anzubieten?
2017 wohnte ich noch in der Großstadt München. Einige Freunde und Bekannte fanden es cool, dass ich nun öfters Kartoffeln vom landwirtschaftlichen Betrieb meiner Schwiegereltern in spe mitbrachte. Viele Münchner würden gerne bei Bauern in der Umgebung einkaufen, jedoch fehlt ihnen die Zeit nach Ismaning zu fahren oder sie haben kein Auto.
Wenn die Leute nicht auf den Hof zum Einkaufen kommen, dann kommen wir also zu den Leuten. Im Laufe der Zeit haben wir den Lieferservice stets weiterentwickelt und professionalisiert.
Wie läuft es ab, wenn ich als Kunde bei dir bestelle?
Für meine Kunden habe ich je nach Wohngebiet verschiedene WhatsApp-Gruppen und E-Mailverteiler. Hier teile ich jede Woche mit, wann ich unterwegs bin und was es aktuell alles gibt. Die Kunden schreiben mir dann eine WhatsApp oder eine E-Mail und bestellen was sie möchten.
Ich bringe die bestellten Sachen dann direkt zu den Kunden nach Hause oder ins Büro. Denn es bestellen auch einige Kollegen in Büros zusammen.
Wo liefert der Ruaßhammerhof überall hin?
Ich beliefere das komplette Münchner Stadtgebiet sowie den Münchner Süden bis Bad Tölz und Starnberg.
Könnt ihr uns noch etwas zu euren Kunden und Abnehmern sagen?
Zu uns kommen wirklich alle Altersklassen: von Senioren und Seniorinnen mit Rollator über Kinder, die im Auftrag der Eltern einkaufen und gerade so an die Kasse langen können. Die meisten Kunden sind sehr interessiert an unserer Arbeit und sehr wertschätzend. Viele Kunden, sowohl beim Lieferservice als auch im Hofladen, sind seit Beginn dabei.
Wie sieht denn ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
Von einem typischen Arbeitstag zu sprechen ist schwierig, weil sich die Arbeit sehr nach der Jahreszeit, dem Wetter und Bedarf richtet.
Was macht dir am meisten Spaß an deinem Beruf?
Dass ich mein Fachwissen aus dem Landwirtschaftsstudium mit meiner Neigung zum Marketing verbinden kann.
Was stört dich an der Wahrnehmung mancher Menschen an deinem Beruf?
Was mich stört ist, dass viele Leute unsere Arbeit total verklären. Was ich oft höre: „Das was du machst, das würde mir auch gefallen. Immer draußen sein und jeden Tag was anderes. Ist viel spannender als mein Bürojob“.
Dazu muss ich sagen, dass mein Arbeitstag nicht um 17 Uhr endet und viele Stunden fordert. Auch am Wochenende wird bei uns gearbeitet und Urlaub gibt es als Selbstständiger wesentlich weniger als in einem klassischen Angestelltenverhältnis. Was vielen Leuten nicht bewusst ist, dass wir auch viel Organisations- und Büroarbeit zu erledigen haben.
Auch Unterstellungen wie, dass Landwirte bewusst Tiere quälen würden oder aus Jux und Tollerei Pflanzenschutzmittel ausbringen würden, stört mich sehr. Jede/r Landwirt/in tut alles, damit es seinen Tieren gut geht. Kein normaler Landwirt würde bewusst ein Tier quälen. Genauso wird Pflanzenschutz angewendet, um die Pflanzen vor Krankheiten zu schützen. Kranke Pflanzen bedeuten, dass wir sie nicht essen können. Pflanzenschutz ist also Sicherung unserer hochwertigen Ernährung.
Wie wichtig sind in deinen Augen auch in der Landwirtschaft soziale Medien wie Instagram und Co.?
In der Landwirtschaft sind soziale Medien genauso wichtig, wie in allen Branchen auch. Soziale Medien gehören einfach zu unserem Leben dazu. Seit 2018 blogge ich auf unserer Internetseite www.ruasshammer-hof.de regelmäßig über unsere Arbeit als Landwirte und betreue unseren Instagramaccount und unsere Facebookseite.
Aus meiner Sicht ist Bloggen, Instagram und Facebook mehr als Werbung für unsere eigenen Produkte: Ich betrachte dies als Öffentlichkeitsarbeit, um den Leuten zu zeigen wie Lebensmittel für Menschen und Futter für Haustiere hergestellt werden.
Was ist an eurem Instagramaccount anders als an klassischen Landwirtschaftaccounts?
Auf unserem Instagramaccount lottevomruasshammerhof berichten unsere Kaninchen Lotte und Ludwig, unsere Meerschweinchen Walter und Wolfgang und unsere Bauernhofkatze Traudl über die Arbeit ihrer Menschen. Es berichten meistens die Haustiere, was die Menschen, also Jungbäuerin Fee und Jungbauer Bernhard, zu arbeiten haben.
So werden auch Leute angesprochen, die ein klassischer landwirtschaftlicher Instagramsaccount weniger ansprechen würde. So kann ich auch diesen Menschen die Landwirtschaft näher bringen, die sonst wenig Bezug dazu haben.
Nachhaltigkeit & Regionalität sind in aller Munde – was denkst du darüber?
Dass beide Themen sind natürlich grundsätzlich richtig und wichtig, aber meiner Meinung schon teilweise ein Selbstzweck für viele Leute geworden.
Dir hat das Gespräch gefallen und du möchtest unbedingt die Produkte vom Ruaßhammerhof kennenlernen? Dann schau doch einmal im Online-Shop oder auf Facebook oder Instagram vorbei!
Du bist neugierig auf mehr? Dann lies auf agrajo weiter, wir erklären dir beispielsweise wie man Landwirt wird und helfen dir bei der Entscheidung „Praktische Landwirtschaft oder Agribusiness?„.
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