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Ingenieurin beim Grubbern mit einer Horsch Maschine©Doris Grünbauer

11.03.2020 Redaktion agrajo

Zweigleisig gut fahren


Die kleine rote Kiste, um die sich die Mechaniker in der Produktionshalle gerne streiten, hat Doris gebaut. Der Würfel auf vier Rädern liefert flexible Stromversorgung direkt an der Maschine. Sinnvoll, praktisch – die Kiste war eines der ersten eigenen Projekte der damals angehenden Ingenieurin bei ihrem künftigen Arbeitgeber. Mittlerweile hat Doris Grünbauer (23) ihr duales Maschinenbaustudium erfolgreich abgeschlossen. Als Kind hat die Landwirtstochter mit dem Papa in der Werkstatt geschraubt, heute entwickelt Doris hochdigitale Systeme beim Landmaschinenhersteller Horsch in Schwandorf.

„Mir ist wichtig, dass meine Arbeit sinnvoll ist. Dass die Maschine, die ich entwickle, jemandem nützt“, sagt Doris. Bei Studienkollegen habe sie oft mitbekommen, dass Projekte im Praxissemester oder für Abschlussarbeiten am Ende nie realisiert wurden und nur auf irgendeinem Papier existierten. „Für mich eine klare Motivationsbremse! Ich will draußen an der Maschine sehen, was ich gemacht habe. Und ob es wirklich gut geworden ist“, sagt sie.

SeitApril 2019 ist die junge Frau fest in das Entwicklungsteam integriert, das dieHorsch-Scheibensämaschinen konstruiert. Normalerweise sitzt oder steht sie anihrem sehr aufgeräumten, höhenverstellbaren Schreibtisch. Dort zeichnet sie amPC momentan die Anbindung der PowerDisc-Schare an die Sämaschinen Pronto DC.Mit SAP erstellt sie die Stücklisten. So wissen die Mechaniker, welcheEinzelteile sie herstellen, schweißen und lackieren müssen. Doris muss dabeialles im Blick behalten. Von ihrer Zeichnung hängt ab, ob die Schare etwa kollidierenoder sich montieren lassen. In die Werkstatt geht es für die Ingenieurin dannnur zur Kontrolle.

Im gemischten Team mit acht Kollegen fühlt sich Doris wohl und angekommen, auch weil sich alle duzen und der Umgang freundlich und respektvoll ist. Die junge Frau übernimmt mit jedem Monat mehr maschinenübergreifende Aufgaben, so etwa die Umstellung von Zylindern, die in mehreren Maschinen verbaut sind. Und wer weiß, was in nächster Zeit folgt? Vielleicht darf Doris bald eine Maschine ganz alleine übernehmen. Darauf hätte sie große Lust.

Sie hilft noch immer oft am Hof

50 km fährt die Ingenieurin jeden Tag vom elterlichen Hof in der Nähe von Weiden (Kreis Neustadt an der Waldnaab) zum Horsch-Standort in Schwandorf und wieder zurück. Zusammen mit ihrem Bruder lebt sie in einer kleinen Einliegerwohnung auf dem Betrieb. „Fast wie in einer WG“, erzählt sie lachend. Die Familie hält Milchkühe und Mastschweine. Außerdem betreiben die Grünbauers eine Biogasanlage und ein kleines Lohnunternehmen.

Vonklein auf sah Doris also große Maschinen auf dem Feld, und deren Wirkung in derNatur. Genau das fasziniert sie bis heute. Wann immer Zeit ist – also nachFeierabend oder wenn sie frei hat – hilft die Tochter auf dem Hof der Elternmit, am liebsten beim Silieren oder Grubbern. Außerdem ist Doris leidenschaftlicheImkerin.


Vor fünf Jahren bekam sie ihr erstes Bienenvolk. Mittlerweile betreut sie zusammen mit dem Papa zehn Bienenvölker auf dem Hof. Und damit nicht genug: Doris ist sogar amtierende Bayerische Honigprinzessin. Ihre Aufgaben sind Verbraucher auf Veranstaltungen wie Messen oder Bauernmärkten in ganz Bayern auf regional erzeugten Honig aufmerksam machen und die Eigenschaften und Bedürfnisse der Biene erklären. Bleibt danach noch Zeit, musiziert sie im örtlichen Posaunenchor oder sitzt an der Nähmaschine, um sich ein Dirndl zu nähen.

Doris war schon immer ein Zahlenmensch. In der Schule waren Mathe und Physik ihre Lieblingsfächer und sie tüftelte gerne an Aufgaben der Bewegungslehre. Nach dem Abitur kamen deshalb nur zwei Studiengänge infrage: Energietechnik und Maschinenbau. Schließlich entschied sie sich für das Maschinenbaustudium an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden (OTH Amberg-Weiden). Wie bei vielen naturwissenschaftlichen Studiengängen sind auch beim Maschinenbaustudium die ersten Semester vollgepackt mit Grundlagenfächern und Doris vermisste den Praxisbezug.

Spontan bei Horsch beworben

Dabekam sie ein Gespräch von zwei Kommilitonen mit. Beide machten neben dem Studiumeine Ausbildung zum Fertigungsmechaniker bei Horsch und schwärmten davon. Dasmachte viel Eindruck auf die junge Studentin. Sie bewarb sich spontan wenigeTage vor Ende der Bewerbungsfrist. Es klappte. Einige Wochen später hatte sieden Vertrag zum dualen Studium in der Tasche.


Horsch

1984 gründete der heutige Geschäftsführer und Landwirt Michael Horsch zusammen mit seinem Onkel Walter die Horsch Maschinen GmbH in Schwandorf (Bayern). Mittlerweile arbeiten mehr als 1.600 Mitarbeiter weltweit für die Firma. Im Produktportfolio sind unter anderem Grubber, Sämaschinen und Pflanzenschutzspritzen.

Auch im Ausland hat die Firma Fuß gefasst; in den USA, Russland, Brasilien und China. Zahlreiche Auszeichnungen machen Horsch zu einer der renommiertesten Firmen der Landtechnikbranche.


Die Freude war groß und sie legte zwischen dem zweiten und dritten Semester zwei Urlaubssemester ein, um – wie im dualen Studium üblich – das Ausbildungsjahr zu absolvieren. Danach war sie gerüstet für die kommenden Semester. Immer in den Semesterferien arbeitete sie dann bei Horsch an verschiedensten Projekten und schloss schließlich auch ihre Ausbildung zur Fertigungsmechanikerin ab.

Trotz aller Vorteile resümiert sie: „Für ein duales Studium sind Durchhaltevermögen, Flexibilität, schnelle Auffassungsgabe und Durchsetzungsvermögen sehr hilfreich.“ betont die junge Hochschulabsolventin. Überzeugungskraft brauchte sie vor allem für ihren Schweißkurs.


„Für ein duales Studium sind Durchhaltevermögen, Flexibilität,

schnelle Auffassungsgabe und Durchsetzungsvermögen sehr hilfreich.“


Den wollte sie unbedingt machen, um vor allem bei Maschinentests eigenständig Reparaturen durchführen zu können. „Bei den Tests ist man oft draußen auf dem Feld, schwer erreichbar und es dauert zum Teil sehr lange, bis der Techniker kommt“, erinnert sie sich. Durch langes Zureden bei ihren Vorgesetzten durfte sie schließlich am Kurs teilnehmen.

Bald darauf machte sie im Frühjahr 2016 den sprichwörtlichen Sprung ins kalte Wasser. Die Ingenieure der Entwicklungsabteilung hatten bei der Ausbildungsabteilung nach Unterstützung für einen Test nachgefragt. Im Ausland. Der Ausbilder schickte Doris und einen weiteren Auszubildenden. Vor dem Einsatz in Tschechien gab es viele Schulungen und die beiden Azubis unterstützten bereits bei der Montage. So bestand die Möglichkeit, die Maschine vor der Abfahrt schon möglichst gut kennenzulernen.

Endlich ein Maschinentest

Dann ging es los Richtung Kněžmost zum Testbetrieb. Die Horsch Maestro 16.75 SW, eine 16-reihige Maisdrillmaschine, wurde an einen riesigen Raupenschlepper angehängt und auf den großen Schlägen in Tschechien getestet. Gefahren wurde der Schlepper abwechselnd – von Doris und ihrem Kollegen.

„Das war ganz schön aufregend und eine große Herausforderung“, erzählt Doris, denn die Felder am Rande des böhmischen Walds seien verwinkelt, steil und oft durch Strommasten unterbrochen. Die beiden Lehrlinge hatten bereits 200 ha angesät, als ihr sehr überraschter Ausbildungsleiter erfuhr, dass die beiden dort allein unterwegs waren. Als sich Doris daran erinnert, schmunzelt sie. „Das hätte einen Riesenkrach geben können. Doch wir haben unsere Aufgabe so gut erledigt, dass wir von allen gelobt wurden“, erzählt sie stolz. „Das ist einer der Vorteile eines dualen Studiums: Du übernimmst ab dem ersten Tag Verantwortung. Dieses Vertrauen gibt mir meinen persönlichen Antrieb.“

Den Masterabschluss will die junge Ingenieurin erst einmal nicht dranhängen. „Eins nach dem anderen“, sagt Doris. Momentan fühlt sie sich sehr wohl in ihrem Team. Außerdem gibt es intern viele Weiterbildungsmöglichkeiten. Zudem steht ja die Agritechnika, die internationale Landtechnikmesse in Hannover, vor der Tür, bei der natürlich auch Horsch präsent sein wird. Und Doris. Vielleicht bekommt sie dort Inspiration für ein neues eigenes Projekt, bei dem eine praktische und sinnvolle Maschine herauskommt – wie einst die kleine, rote Kiste, um die sich die Mechaniker in der Halle reißen.


„Der Praxisbezug im dualen Studium hat mich immer für die schweren Prüfungen motiviert.“


Das duale Studium schloss sie mit dem Bachelor of Engineering ab. Doris ist sich sicher: „Nur das Studium, ohne die duale Ausbildung, hätte ich so nicht geschafft. Ich habe den Praxisbezug gebraucht.“ Die frühe Verantwortung bei Horsch half ihr, sich für die schweren Prüfungen im Studium zu motivieren.

agrajo-Magazin 2019

Autor: Maya Rychlik
Bildquelle: Horsch; Doris Grünbauer

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