18.05.2022 ● Bidhu Shaik
Interview: Meine Ausbildung als Tierwirt im Fachbereich Schäferei
Du liebst die Arbeit in der Natur, den Umgang mit Tieren und hast ein ausgeprägtes Interesse an Schafen? Doch wie wird man eigentlich Schäfer?
Wir haben mit einem Auszubildenden über seine Ausbildung zum Tierwirt im Fachbereich Schäferei gesprochen und mehr über seine spannenden Aufgaben, das Hüten der Schafe und Herausforderungen im Arbeitsalltag erfahren. Lies jetzt rein!
Steckbrief: Unser Interviewpartner im Überblick
- Name: Julian Korupka
- Alter: 26
- Position: Auszubildender im 3. Lehrjahr
- Betrieb: Schäferei Ulenhof, Wolfgang und Kathrin Johanning GbR
- Standort: 49453 Hemsloh, Niedersachsen
- Spezialisierung: Tierwirt Schäferei
- Abschluss: Fachhochschulreife
Bitte stell uns kurz den Betrieb vor, bei dem Du arbeitest. Wie lange und als was bist Du dort beschäftigt?
Julian Korupka: Ich arbeite seit zweieinhalb Jahren bei der Schäferei Ulenhof als Auszubildender im Fachbereich Tierwirt Schäferei. Unser Betrieb hat Rinder zur Milchgewinnung in Rehden, Niedersachsen, um die sich die Familie Johanning als Landwirte kümmert. Außerdem haben wir in Hemsloh unsere Schafe, welche sich ab Ende Frühling bis zum Herbst um die Landschaftspflege im Moor kümmern.
Ursprünglich gab es mal eine Herde mit Bentheimer Landschafen und eine Herde weißer hornloser Moorschnucken, welche in Rehden und in Hemsloh an zwei Standorten betreut wurden. Seit der Übernahme durch die Johanning GbR wurde der Standort in Rehden für Rinder angepasst und die Schafhaltung auf eine Herde reduziert sowie eine Herde aus Bentheimer Landschafen, weißen hornlosen Moorschnucken und Gebrauchskreuzungstieren mit verschiedenen Fleischschafrassen geschaffen.
Wie bist Du auf den Ausbildungsberuf Tierwirt gekommen?
Julian Korupka: Ich bin über Umwege zur Ausbildung als Tierwirt gekommen. Zuerst habe ich in Paderborn Soziale Arbeit studiert. Allerdings ist mir dabei schnell aufgefallen, dass es mich bei der Arbeit viel mehr an die frische Luft zieht. Die Arbeit mit Tieren hat mir als Kind schon sehr viel Spaß gemacht. Meine Familie hat schon immer viele Tiere gehalten. Darunter Hühner, Hunde und Katzen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Allerdings hatte ich vor der Berufswahl nie wirklich mit Landwirtschaft zu tun. Da ich aber viel und gerne bei Wind und Wetter draußen war, mich gerne körperlich ausgelastet habe und vor allem viel Zeit in ruhiger, natürlicher Umgebung verbracht habe, schränkte das meine Berufssuche stark ein.
Genauer gesagt habe ich nach einer Arbeit gesucht, welche nicht nur mit der Natur arbeitet, sondern auch abwechslungsreich und fordernder ist, als viele der heutigen Berufsbilder. Zeit und Geld spielten dabei keine Rolle. Ich habe nach etwas gesucht, wobei ich mich wohlfühle und was mir trotzdem als sehr nützlich und wichtig vorkommt. Dabei ging es mir aber keineswegs um Prestige, Reichtum oder modernen Ideen einer Work-Life Balance. Sonst könnte man diese Berufswahl wohl auch kaum treffen.
Was macht ein Tierwirt?
Der Beruf des Tierwirts ist ein systemrelevanter Beruf, der jeden Alltag beeinflusst! Erfahre in unserem Beitrag daher mehr über die Ausbildung, möglichen Fachrichtunge sowie Weiterbildungsmöglichkeiten.
War die Spezialisierung als Schäfer wichtig für Dich?
Julian Korupka: Ja, schon. Natürlich arbeiten auch andere Tierwirte und Landwirte mit Tieren und der Natur. Allerdings ist das Ausmaß in der Schäferei am ausgeprägtesten, würde ich sagen. Es ist einer der ältesten Berufe der Menschheit und gerade heute in den Naturschutzgebieten der Bundesrepublik fast nicht mehr wegzudenken. Ein ansprechendes Maß an Tradition und Geschichtsträchtigkeit, wie ich finde, welche in einer neuen Nische der modernen Welt einen wichtigen, wenn auch oft scheinbar unsichtbaren Platz gefunden hat.
Das wirkliche Zusammenarbeiten mit dem Tier, vor allem beim Hüten, hat mich dabei am meisten angesprochen. Man darf sich hierbei jetzt natürlich nicht romantische Bilder von ruhig grasenden Tieren vorstellen, welche von einem Gedichte schreibenden Poeten mit seinem vierbeinigen Gefährten beobachtet werden. Hüten ist harte Arbeit.
Es ist eine Arbeit, die in erster Linie auf Erfahrung und Technik basiert. Das Hüten erfordert Wissen über Wetter, Pflanzen, Schafe und den genauen Einsatz der Hütehunde, außerdem ein hohes Maß an Disziplin, denn ein Hütetag im Regen, bei Sturm oder Gewitter ist genauso real wie im strahlenden Sonnenschein und kann sich sehr lang ziehen.
Wie kann man sich den Alltag eines Tierwirt vorstellen? Welche Aufgaben übernimmst Du als Schäfer auf den Betrieb?
Julian Korupka: Der Alltag ist bei uns sehr unterschiedlich, denn mit der Jahreszeit verändern sich die Haltungs- und Beweidungsbedingungen. Im Sommer wird gehütet und im Winter sind die Tiere bei uns zur Ablammung im Stall. Grundsätzlich steht jeden Tag die Versorgung der Tiere an erster Stelle. Das heißt: Jeden Tag werden die Schafe mit ausreichend Futter versorgt.
Dies geschieht entweder durch das Bauen von Koppeln mit mobilen Elektrozäunen oder durch das Hüten. Im Stall wird dementsprechend natürlich jeden Tag Kraftfutter gefüttert sowie Heu oder andere Grundfuttermittel gegeben. Außerdem arbeiten wir auch mit Herdenschutzhunden, welche auch jeden Tag ihre eigene Ration und Aufmerksamkeit bekommen. Aber neben Fütterung gehört auch ein gutes Auge dazu. denn alle Tiere werden jeden Tag optisch von den Schäfern auf Gesundheit überprüft.
Aufgaben wie Klauenpflege, Entwurmung, Außenparasitenbehandlungen uvm. gehören dementsprechend auch zum Alltag. Die Pflege vom Hof, der Stalleinrichtung, der Fahrzeuge und Pflege von Grünland sind aber genauso Berufsalltag. Wir versorgen somit nicht nur die Tiere, sondern sind auch bei vielen anderen Arbeiten, die zur Pflege und Instandhaltung aller Arbeitsgeräte und –materialien beitragen, zuständig und auch ich werde hierbei eigentlich überall mit einbezogen.
Was ist Deiner Meinung nach das Schönste an Deinem Job?
Julian Korupka: Natürlich ist das Schönste, wenn alle Tiere gesund und munter sind. Aber die schönsten Momente sind beim Hüten, wie ich finde, wenn alle Tiere zufrieden fressen und glücklich sind.
Was ist das Schwierigste an diesem Job? Welche täglichen Herausforderungen musst Du als Tierwirt bewältigen?
Julian Korupka: Das Schwierigste ist es, glaube ich, damit klarzukommen, dass die Bandbreite an Aufgaben zeitweise sehr hoch werden kann. Auch die Schriftarbeit im Büro nimmt immer mehr zu, allerdings nimmt die praktische Arbeit am Vieh dadurch nicht ab. Der Stress alles, pünktlich fertig zu haben, ohne dabei bestimmte Aufgaben aus den Augen zu verlieren, erfordert ein hohes Maß an Organisation und Durchhaltevermögen.
Warum sollte man Deiner Meinung nach den Beruf Tierwirt wählen? Wie siehst du die Zukunft für das Berufsbild des Tierwirtes?
Julian Korupka: Weil Schafe auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil für die Erhaltung unserer Naturschutzgebiete und Kulturlandschaften bleiben werden und sich positiv auf die Artenvielfalt von Flora und Fauna auswirken. Sie sind seit Jahrtausenden weltweit verbreitet und begleiten den Menschen als Weidetier, Nahrungsmittellieferant und Textillieferant.
Wir brauchen auf jeden Fall Nachwuchs in unserem Berufsfeld, um die Tradition und den Nutzen für Mensch und Natur nicht aussterben zu lassen. Gerade in der jetzigen Zeit, wo den jungen Menschen der Naturschutz so wichtig ist, wäre es doch schön, wenn einige sich darüber auch mit der Schäferei und unserem Berufsstand identifizieren können.
Woher weiß ich, dass der Beruf Tierwirt der richtige für mich ist?
Julian Korupka: Ich glaube das merkt man ziemlich schnell. Denn jemand, der den Beruf nicht mag, wird sich der harten Arbeit, dem Stress und der psychischen Belastung wahrscheinlich nicht lange aussetzen wollen. Spätestens beim Hüten trennt sich dann meistens die Spreu vom Weizen. Denn viele Menschen sind es nicht gewohnt stundenlang in Stille alleine mit sich selbst zu verbringen.
Zusätzlich muss man viel Zeit in das Ganze investieren, denn die Tiere kennen keine Feiertage, keinen Urlaub und sind je nach Schäferei eventuell das ganze Jahr draußen. Man sucht sich also einen Beruf mit wenig Komfort aus, der, wenn er einen erfüllt, aber auch sehr viel für den eigenen Geist, das eigene Wachsen und das Bewältigen unterschiedlichster Situationen bringen und somit den eigenen Horizont mehr als erweitern kann.
Welche Qualifikationen sollte ein guter Tierwirt erfüllen?
Julian Korupka: Die wichtigste Qualifikation ist die Stresstoleranz, denke ich, außerdem sollte man wetterfest sein. Ausdauer und Bewegungsfreude sind wichtig. Man sollte damit rechnen, dass man des Öfteren mehr als eine Sache gleichzeitig macht. Wissbegierde und Lernwille sind nicht nur in der Lehre, sondern im ganzen Berufsleben mitzubringen, denn dieser Beruf lebt davon sich immer weiterzuentwickeln und jeden Tag aus den gewonnenen Erfahrungen neue Schlüsse zu ziehen. Man muss eventuell auch Spontanität aufzeigen und natürlich darf man weder Angst vor Schafen noch vor Hunden und Wildtieren haben.
Hast Du einen Rat für angehende Tierwirte?
Julian Korupka: Entfernt euch von romantischen Vorstellungen, welche uns Gemälde und Geschichten vermitteln. Natürlich gibt es solche Tage, allerdings ist es ein ernstzunehmender, körperlich harter Beruf, welcher tagtäglich mit der Natur, Leben und Tod, Witterung, Krankheit, Dreck und so manchen langen Arbeitstagen zu tun hat. Das Berufsbild hat sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert. Vieles wird mit wenig Technik verübt und kann sehr nervenzehrend sein. Wenn einem die Arbeit allerdings wirklich interessiert und man sich dabei wohlfühlt, kann sie erfüllender sein als alles andere.
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