19.01.2022 ● Redaktion agrajo
So hilft ein Steuerberater bei der Hofübergabe
Möchten Kinder den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie übernehmen, gibt es im Vorfeld viele Dinge zu klären. Wer übernimmt den Hof, welcher Weg ist der passende und wer berät die Familie bei der Hofübergabe?
Wir haben Sebastian Gruber einige Fragen gestellt. Er erklärt, wie die steuerliche Beratung im Hofübergabe-Prozess abläuft, welche Unterlagen der Steuerberater benötigt und welchen Herausforderungen ihr euch stellen müsst. Lies jetzt weiter!
Zu welchem Zeitpunkt im Hofübergabe-Prozess sollte ein Steuerberater aufgesucht werden?
Sebastian Gruber: Zuerst sollte das Gespräch mit der Familie und mit dem künftigen Hofnachfolger gesucht werden. Erst wenn sich ein grober Wunsch entwickelt hat, wie das Vermögen aufgeteilt werden soll, macht der Termin beim Steuerberater wirklich Sinn, da man dann erst konkret werden kann. Falls keine Ideen zur Hofübergabe im Vorfeld bestehen, kann natürlich jederzeit der Steuerberater vorab kontaktiert werden. Aber mehr als ein sehr allgemein gehaltenes Aufklärungsgespräch können die Mandanten leider nicht erwarten. Aber eventuell entstehen dann hierbei die Ideen für die spätere Hofübergabe.
Wie läuft die Beratung bei der BBV Steuerberatung für Land- und Forstwirtschaft ab?
Sebastian Gruber: Viele unserer Mandanten beraten wir schon seit vielen Jahren, da diese eine sehr treue und zuverlässige Kundschaft sind. Unsere Mitarbeiter:innen kennen also die Übergeber und deren Kinder, die oft die Übernehmer sind. Daher fällt die Gesprächsführung sehr persönlich aus und wir können Themen besprechen, die sonst eventuell unter den Tisch fallen würden. Darüber hinaus haben vielen unserer Mitarbeiter:innen selbst einen landwirtschaftlichen Hintergrund und wissen daher genau, welche Themen unsere Mandanten in Bezug auf die Hofübergabe beschäftigen.
Aber auch bei externen Mandanten, die anlässlich der Hofübergabe erstmalig bei uns erscheinen, versuchen wir schnellstmöglich einen sehr engen Kontakt herzustellen und wollen alle Beteiligten kennen lernen. Meist werden die üblichen Themen besprochen wie Alterssicherung durch Rückbehalt von Betriebsvermögen, Austragsleistungen in Form von Leibrenten/dauernder Last und wie der Betrieb schlussendlich übergehen soll. Dazu werden in der Regel Gespräche in unseren Kanzleiräumen geführt. Wenn es nötig ist, auch gerne vor Ort beim Mandanten.
Was macht ein Steuerberater in der Landwirtschaft?
In welchen Punkten kann die BBV Steuerberatung für Land- und Forstwirtschaft bei der Hofübergabe beraten?
Sebastian Gruber: Die BBV Steuerberatung für Land- und Forstwirtschaft sowie ihre Schwestergesellschaft, die Treukontax Steuerberatungsgesellschaft, sind reine Steuerkanzleien. Somit dürfen wir ausschließlich auf dem Gebiet des Steuerrechts beraten. Nur im Rahmen des Rechtsleistungsdienstgesetztes (RDG) dürfen wir auch Rechtsberatung erledigen. Unter den Begriff der Rechtsberatung fallen im Rahmen der Hofübergabe z.B. die Erstellung von Testamenten, Erstellung von Gesellschaftsverträgen, sozialversicherungsrechtliche Beratung. Da diese Rechtsberatung meist steuerliche Auswirkungen haben, prüfen wir somit die Verträge in steuerlicher Hinsicht. Somit ist die Hofübergabe eine Symbiose aus Rechtsberatung und Steuerberatung. Zum Zwecke der Rechtsberatung können unsere Mandanten gerne auf die Dienste des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) zurückgreifen, da diese oftmals sogar im selben Haus ansässig sind.
Wesentliche Themen bei der Hofübergabe sind:
- Landwirtschaftliches Erbrecht, bzw. Hofnachfolge im Erbfall
- Erbauseinandersetzungen, Pflichtteil und Erbschein
- Hofnachfolge zu Lebzeiten
- Altenteilleistungen, Rückforderungen und Abfindung weichender Erben
- Kosten der Hofübergabe
- Übertragung selbst genutzter Wohngebäude
- Bewertung landwirtschaftlicher Betriebe
- Bewertung von Wald, Sonderkulturen und Wohnteil
- Bauland und Bauerwartungsland
Welche Unterlagen benötigt der Steuerberater?
Sebastian Gruber: Oftmals haben wir bei Bestandsmandaten alle wesentlichen Unterlagen schon in der Kanzlei vorrätig, sodass wir nur bei Bedarf Unterlagen nachfordern. Wenn uns neue Mandate erreichen, benötigen wir eine Vielzahl von Unterlagen wie zum Beispiel:
- Personalausweis
- Liegenschaftskataster (ALKIS I und II)
- Steuerbescheid des Übergebers und Übernehmers
- Aktuelle Steuererklärung
- Aktuelle Gewinnermittlungen (Bilanz / EÜR / §13a EStG) des Übergebers
- Einheitswertbescheide
- Unterlagen zur (historischen) Wohnhausentnahme, z.B. Anlage LW
- Betriebsaufgabeerklärungen (1970, 1979, usw.)
- Unterlagen für bereits in der Vergangenheit erfolgte Grundstücksentnahmen (z.B. Korrespondenz mit dem Finanzamt)
- Pachtverträge bei verpachteten Betrieben
- Bauplan des Wohnhauses (für Sachwertverfahren) und Baumappen (Wohnflächenberechnung)
- Ehevertrag / Erbvertrag / Testamente
- Alte Übergabevertäge
Welche Herausforderungen beobachten Sie bei der Beratung oftmals?
Sebastian Gruber: Wichtig ist, dass beide Seiten – also Übernehmer und Übergeber – mit einem zufriedenstellenden Konsens das Gespräch verlassen. Oftmals liegt zwischen den privaten Vorstellungen und dem steuerlich Möglichen (ohne Aufdeckung hoher Steuerlasten) sehr hohe Unterschiede. Wichtig ist jedoch erstmal ein grober Plan des Mandanten und wir versuchen diesen möglichst günstig zu gestalten um etwaige Enttäuschungen zu vermeiden. In der Regel gelingt uns das ganz gut, da oftmals der Ratschlag eines unabhängigen Dritten wahre Wunder zwischen den Parteien bewirken kann.
Welchen Weg der Hofübergabe gehen Ihre Klienten oftmals?
Sebastian Gruber: Der/die Steuerberater:in ist zu vergleichen mit dem Hausarzt in der Medizin. Wir kennen die Mandanten über Jahre hinweg und der Berufsstand erfährt ein außergewöhnliches Vertrauen der Mandantschaft. Somit sind wir oft der erste Ansprechpartner von möglichen Ideen, auch wenn wir zur Abarbeitung dann interdisziplinär auf die Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten, Notaren und anderen fachkundigen Personal (z.B. Gutachter) angewiesen sind. Der Steuerberater wird somit oftmals zum „Manager bzw. Moderator“ der Hofübergabe. Doch dieser Weg (meist sowieso unterbewusst von den Mandanten gewählt) erscheint mir als ein sehr erfolgsversprechender Verfahrensverlauf.
Sebastian Gruber ist Diplom-Finanzwirt (FH) und als Steuerberater bei der BBV Steuerberatung für Land- und Forstwirtschaft GmbH tätig.
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